Das Labor
Im schuleigenen Labor werden die für die verschiedenen Bereiche der Müllerei wichtigen Rohstoffe untersucht. Sinn und Zweck dieser Untersuchungen ist es, die Beschaffenheit und Qualität der Produkte zu ermitteln, um Aussagen über Vergleichbarkeit der Rohstoffe und die Güte der verschiedenen Endprodukte machen zu können.
Da in der Müllerei, bedingt durch die unterschiedlichen Bereiche, eine Vielzahl von Produkten verarbeitet, bearbeitet und hergestellt wird, sollen im Folgenden die verschiedenen Untersuchungsmethoden getrennt nach den Produktionsschwerpunkten gegliedert werden.
Eines haben jedoch nahezu alle Untersuchungen gemeinsam: die Durchführungsbestimmungen richten sich i.d.R. nach einer Norm, wie z. B. den ICC-Standards, um die Ergebnisse untereinander vergleichbar zu machen.
Die wichtigsten Untersuchungsbereiche unterteilt nach den Mühlen:
Mehlmühle
1. Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes
2. Besatzanalyse
Diese Untersuchung wird nur bei Getreide durchgeführt.
2.1 Zweck
- Entscheidung über die Annahme der Partie
- Preisfindung
- Erkennen von Maßnahmen für die Getreidereinigung und die Lagerung
2.2 Duchführung
- Mittels Siebmaschinen und Handauslese werden alle artfremden Bestanteile und nicht einwandfreies Grundgetreide aussortiert, mengenmäßig und prozentual erfasst.
- Je geringer der Anteil an den verschiedenen Besatzgruppen (Kornbesatz, Schwarzbesatz, tierischer Befall) ist, desto weniger Schwierigkeiten sind bei der weiteren Verarbeitung zu erwarten.
3. Fallzahl
Diese Untersuchung wird bei Getreide und Mehl durchgeführt.
3.1 Zweck
- Ermittlung der Stärkeverkleisterung und der Amylaseaktivität
- Erkennung des möglichen Gärverlaufs beim Backen (Gasbildung)
- Aufschluss über das mögliche Gebäckaussehen
- Entscheidung über den Einsatz von Mehlbehandlungsmitteln oder dem Aufmischen von verschiedenen Partien zur Qualitätsverbesserung
3.2 Duchführung
Eine Mehl-Wasser-Suspension wird in einem kochenden Wasserbad erhitzt und nach der 5. Sekunde bis zur 60. Sekunde gerührt. Das Rührviskosimeter verbleibt in der höchsten Stellung und es wird die Zeit gemessen, die es benötigt, um durch die verkleisternde Stärke abzusinken (inkl. der ersten 60s). Die Zähigkeit (Viskosität) der Masse hängt von der Amylaseaktivität und damit von der Stärkeschädigung ab.
Abbildung: Backergebnisse bei unterschiedlichen Fallzeiten
4. Feuchtkleberbestimmung
Diese Untersuchung wird nur bei Weizenprodukten durchgeführt. Sie kann sowohl mit der Hand als auch maschinell durchgeführt werden.
4.1 Zweck
- Ermittlung der Klebermenge (salzwasserunlösliches, quellfähiges und dehnbares Eiweiß)
- Rückschlüsse auf die Backfähigkeit und die Eignung für bestimmte Gebäcke
4.2 Durchführung
Aus einem Weizenmehlteig wird der Feuchtkleber mit 2 %iger Kochsalzlösung ausgewaschen, von anhaftendem Wasser befreit (z. B. Zentrifuge) und gewogen.
5. Gluten Index (Weizen)
Gluten ist ein anderer Ausdruck für Kleber.
5.1 Zweck
- Bestimmung der Menge und der Qualität des Klebers
- Aufschlüsse über die Backeigenschaften (Gashaltung, Gebäckvolumen)
5.2 Durchführung
Der Kleber wird wie unter Punkt 5 beschrieben ausgewaschen und anschließend in speziellen Sieben zentrifugiert. Dann wird der Anteil des Klebers, der beim Zentrifugieren nicht durch das Sieb gedrückt wurde, gewogen und in Prozent umgerechnet.
6. Sedimentationswert
Diese Untersuchung wird auch nur bei Weizenmehlen durchgeführt. Werden Weizenkörner untersucht, muss zuvor ein Mehl auf einer standardisierten Labormühle hergestellt werden.
6.1 Zweck
- Ermittlung der Eiweißqualität
- Beurteilung der Backfähigkeit (Gashaltevermögen, Volumenausbeute)
6.2 Durchführung
Ein Weizenmehl wird mit Farbstoff und Milchsäure behandelt. Die Milchsäure bewirkt eine Ausflockung (Koagulation) des Proteins. Das ausgeflockte Eiweiß sinkt ab und bildet einen Bodensatz, dessen Höhe in ml angegeben wird.
7. Mineralstoffbestimmung
In Deutschland werden Typenmehle entsprechend einer DIN-Norm in den Verkehr gebracht. Die Typenbezeichnung kennzeichnet den Gehalt an Mineralstoffen.
7.1 Zweck
- Typeneinordnung
7.2 Durchführung
Ca. 5 g Mehl oder 2-3 g Schrot werden mit einer Genauigkeit von 0,1 mg ind ein Veraschungsschälchen eingewogen und in einene speziellen Ofen gestellt. Bei 900°C verglühen die organischen Bestandteile der Probe, es verbleiben die anorganischen Mineralstoffe. Nach Abkühlung in speziellen Behältern (Exsikkatoren) wird der Glührückstand zurückgewogen und der prozentuale Mineralstoffgehalt errechnet.
8. Amylogramm
Das Amylogramm wird hauptsächlich bei Roggen angewandt, da Roggen wesentlich andere Backeigenschaften besitzt als Weizen. Eine Untersuchung von weizenmehl ist jedoch ebenfalls möglich.
8.1 Zweck
- Ermittlung des Zeitpunktes und der Intensität der Stärkeverkleisterung
- Feststellung der Enzymaktivität
- Rückschlüsse auf das Backverhalten
- Erkennen der Möglichkeiten zur Mehlbehandlung, um die Backfähigkeit zu verbessern
8.2 Durchführung
Im Amylographen wird eine Mehl-Wasser-Suspension erhitzt. Ein in der Suspension befindlicher Messfühler misst den durch die verkleisternde Stärke erzeugten Widerstand in Form einer Kurve, die dann ausgewertet werden kann.
9. NIR-Spektroskopie
Mit diesem Gerät lassen sich bestimmte Qualitätsparameter auf optischem Wege (Spektroskopie im nahen Infrarotbereich) ermitteln.
9.1 Zweck
- Ermittlung verschiedener Inhaltsstoffe (Wasser, Protein, Härte, ...)
- Daten zur Bewertung der Backfähigkeit (RMT, Wasseraufnahme, ...)
9.2 Durchführung
Das mehlförmige Produkt wird in die Messzelle gegeben. Nach dem Starten des Gerätes erfolgt die Messung automatisch durch optische Messung. Die Ergebnisse liegen innerhalb weniger Sekunden vor und werden ausgedruckt. (Um die Genauigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, muss das Gerät regelmäßig kalibriert werden.)
Neben den beschriebenen Methoden zur Qualitätsbestimmung werden noch weitere Untersuchungen durchgeführt, die in der Mehlmüllerei jedoch keine entscheidende Bedeutung besitzen. Ein Großteil der aufgeführten Untersuchungen beanspruchen relativ wenig Zeit, so dass die Ergebnisse schnell verfügbar sind. Andererseits haben sie jedoch immer nur eine Komponente und ihren Einfluss auf das Backverhalten untersucht. Die Gesamtheit dieser Untersuchungen erlaubt zwar eine relativ sichere Vorhersage über das Backergebnis, es gibt jedoch weiterführende, aber auch zeitaufwendigere Untersuchungen, die die vorher getroffenen Aussagen bestätigen.
10. Farinogramm
Mit dem Farinographen lassen sich bestimmte Teigeigenschaften von Weizenmehlen ermitteln.
10.1 Zweck
- Ermittlung der Wasseraufnahme (Teigausbeute)
- Feststellung der Teigentwicklungszeit (opt. Knetzeit)
- Feststellung des Grads der Teigerweichung
10.2 Durchführung
Mit einem im Gerät integrierten Kneter wird ein Teig hergestellt, wobei auch die für die Teigbereitung notwendige Wassermenge ermittelt wird. Im Folgenden wird der Widerstand, den der Teig dem Knetarm entgegensetzt, ermittelt und in Form einer Kurve aufgezeichnet.
11. Extensogramm
Auch bei diesem Gerät werden bestimmte Teigeigenschaften ermittelt.
11.1 Zweck
- Feststellung der Teigelastizität
- Rückschlüsse auf Verarbeitungseigenschaften, Gärstabilität und Gärtoleranz
11.2 Durchführung
Ein im Farinographen hergestellter Teig wird zu Strängen geformt und nach unterschiedlicher Gärzeit bis zum Zerreißen gedehnt. Der Dehnwiderstand und die Dehnungslänge werden gemessen und aufgezeichnet. Die entstehenden Kurven werden dann ausgewertet.
Zur Kontrolle und zur Bestätigung der zuvor getroffenen Aussagen werden parallel zu den Untersuchungen oder abschließend verschiedene einfache Backversuche im Schullabor durchgeführt.
Mischfuttermühle
1. Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes
Diese Untersuchung wird sowohl bei Getreide als auch bei Mehl durchgeführt.
1.1 Zweck
Feststellung der Lager- und Transportfähigkeit
- Ermittlung der Netzwassermenge (Getreide)
- Preisfindung (Getreide)
- Rückschlüsse auf die Teigausbeute von Mehl
1.2 Durchführung
Ermittlung des Feuchtigkeitsgehaltes über den Masseverlust
- Bei dieser Methode wird das mehl- oder schrotförmige Produkt erhitzt, so dass Wasser verdunstet. Über den Masseverlust wird dann der Feuchtigkeitsgehalt ermittelt.
- Für diese Untersuchungsmethode stehen im Labor verschiedene Geräte zur Verfügung.
2. Bestimmung der Rohasche
2.1 Zweck
- Kontrolle der Angaben in der Deklaration
- Feststellung von Verschmutzungen (salzsäure-unlösliche Asche)
2.2 Durchführung
- Standardmethode: Veraschung der Probe bei 550°C für 4-6 Stunden.
- Schnellmethode im Schullabor: Veraschung der Probe bei 900°C für 1 Stunde.
3. Rohproteingehalt
4. Rohfettgehalt
5. Rohfasergehalt
6. Bestimmung der Pelletabriebfestigkeit
6.1 Zweck
Ermittlung des sich bildenden Feinanteils, der durch mechanische Beanspruchg entsteht. Hierdurch soll die Förderung und der Transport simuliert werden. Dieser Anteil muss mit der Praxis nicht übereinstimmen, da die Gegebenheiten zu unterschiedlich sind. Er dient lediglich als Vergleichswert.
6.2 Durchführung
Zur Messung sind unterschiedliche Methoden entwickelt worden. Neuere haben nur eine kurze Einwirkzeit auf die Pellets, wodurch das Ergebnis schneller ermittelt wird.
7. Ermittlung der Pellethärte
Schälmühle
1. Hektolitergewicht
1.1 Zweck
Ermittlung des Schütt- (Natural-) Gewichts zum Vergleich mit den Mindestanforderungen (z. B. Hafer 55 kg/hl)
1.2 Durchführung
Der Hektoliterprober (1/4 l - Messgefäß) wird nach Vorschrift befüllt, die im Messgefäß enthaltene Getreidemenge gewogen und das hl-Gewicht abgelesen.
2. Tausendkorn-, Tausendkerngewicht
2.1 Zweck
Ermittlung des Gewichts von 1000 Körnern, bzw. 1000 Kernen (ohne Spelzen) um Rückschlüsse auf die Ausbeute machen zu können.
2.2 Durchführung
Es werden 15 g besatzfreies Getreide abgewogen und die Anzahl der Körner festgestellt. Die festgestellte Kornzahl wird hochgerechnet auf 1000 Körner. Das Gewicht muss dann noch auf die Trockenmasse umgerechnet werden (mit dem Computer).
Wird diese Untersuchung z. B. mit entspelztem Hafer durchgeführt, erhält man das 1000-Kern-Gewicht.
3. Korndicke
3.1 Zweck
- Entscheidung über die Annahme der Partie (z. B. Mindestanforderung bei Hafer 90% > 2 mm). Die Größensortierung lässt Rückschlüsse auf die Ausbeute zu.
3.2 Durchführung
- Eine bestimmte Menge des Getreides wird mit der Hand oder einer Maschine auf Schlitzsieben gesiebt. Der Siebdurchfall wird von der Anfangsmenge subtrahiert, der Rest in Prozent umgerechnet.
4. Korngrößenwert
4.1 Zweck
- Beurteilung der Qualität (Ausbeute)
4.2 Durchführung
- Eine vorher abgewogene Menge wird mit einer Siebmaschine auf unterschiedlichen Schlitzsieben (2 mm, 2,2 mm, 2,5 mm) gesiebt. Die auf den Sieben verbliebenen unterschiedlich großen Körner werden mit festgelegten Faktoren gewichtet und so der KGW errechnet (z. B. bei Hafer mind. 90).
5. Spelzenanteil
5.1 Zweck
Ermittlung des Spelzen- bzw. des Kernanteils als Maßstab für die Ausbeute.
5.2 Durchführung
- Entspelzen mit dem Falke-Laborschäler (am Beispiel von Hafer)
50 g werden im Druckluftschäler (7 bar) 40 s entspelzt. Die Spelzen werden zurückgewogen, der Spelzenanteil auf die Trockenmasse bezogen (Hafer z. B. max. 27% i.d.TM).
- Entspelzen mit der Hand
Beim Entspelzen mit der Hand wird eine geringere Menge genommen. Alle weiteren Schritte sind identisch mit dem eben Beschriebenen.